Informationen zur Gebärdensprache

Was ist Gebärdensprache?
Als Gebärdensprache bezeichnet man eine eigenständige, visuell wahrnehmbare natürliche Sprache, die insbesondere von gehörlosen und stark schwerhörigen Menschen zur Kommunikation genutzt wird. Gebärdensprache besteht aus kombinierten Zeichen (Gebärden), die vor allem mit den Händen, in Verbindung mit Mimik und Mundbild (lautlos gesprochene Wörter oder Silben) sowie in Zusammenhang mit der Körperhaltung gebildet werden. Gebärdensprache ist keine Pantomime, sondern eine abstrakte Verständigungsform mit dem gesamten Potenzial einer Verbalsprache. Gebärdensprache ist die Muttersprache für hunderttausende Gehörlose weltweit.

Gibt es nur eine Gebärdensprache?
Man muß in diesem Zusammenhang jedoch betonen, daß es unrichtig ist, von "DER" Gebärdensprache schlechthin zu sprechen und sie als Einheit den Verbalsprachen gegenüberzustellen. Obwohl es in den letzten Jahren zu verstärkten Bemühungen in Richtung auf die Schaffung einer internationalen Gebärdensprache gekommen ist, existiert eine solche entgegen weitverbreiteten Annahmen nicht. Vielmehr gibt es ein buntes Spektrum an nationalen Gebärdensprachen, die zum Teil in sich in regionale Dialekte zerfallen. In Deutschland bedienen sich Gehörlose der DGS (Deutsche Gebärdensprache), in Österreich der ÖGS (Österreichische Gebärdensprache), in der Schweiz der DSGS (Deutschschweizer Gebärdensprache). Die weitverbreitetste Gebärdensprache ist vermutlich die ASL (American Sign Language / Amerikanische Gebärdensprache). Die einzelnen Gebärdensprachen unterscheiden sich voneinander stark, so daß es möglich (und notwendig!) ist, zwischen den einzelnen Gebärdensprachen zu dolmetschen, wenn sich Sprecher verschiedener Gebärdensprachen miteinander verständigen wollen.

Ist die Gebärdensprache eines Landes von der Landessprache abhängig?
Gebärdensprachen sind wissenschaftlich als eigenständige, vollwertige Sprachen anerkannt. Sie haben eigene grammatikalische Strukturen, die nichts mit der Lautsprache des jeweiligen Landes gemeinsam haben. Es ist daher nicht möglich, Gebärdensprache "buchstabengetreu" bzw. Wort für Wort in Lautsprache umzusetzen. In mancher Hinsicht sind Gebärdensprachen den Lautsprachen weit überlegen: Es ist zum Beispiel in der Gebärdensprache möglich, mit einer einzigen Gebärde zu sagen "fährt über eine Brücke", während man in den Lautsprachen dafür mit mehreren aufeinanderfolgenden Begriffen arbeiten muß. Dieses spezifische Konzept der Gebärdensprache nennt man "Inkorporation".

Kann man Gebärdensprache als Fremdsprache erlernen?
Das Erlernen einer Gebärdensprache ist nicht nur für Gehörlose, sondern auch für Hörende möglich. Der dafür notwendige Aufwand ist demjenigen für den Erwerb einer fremden Lautsprache vergleichbar. Ebenso ist es möglich, als Native Speaker einer bestimmten Gebärdensprache eine weitere Gebärdensprache als Fremdsprache zu erlernen. Häufig sind es Gehörlose, die zwischen zwei verschiedenen Gebärdensprachen als Gebärdensprachdolmetscher fungieren. Um als Hörender eine Gebärdensprache zu erlernen, empfiehlt sich, einen Gebärdensprachkurs zu besuchen. Das reine Selbststudium ist trotz moderner Hilfsmittel (Video, DVD) sehr schwierig.

Gibt es eine "Gebärdenschrift"?
Obwohl es einige wissenschaftliche Ansätze zu einer Notation der Gebärdensprache gibt, ist es bis heute nicht gelungen, die Gebärdensprachen zufriedenstellend zu verschriftlichen. Das ist übrigens einer der Gründe, warum die Gebärdensprachen aller Länder sehr lange um ihre Anerkennung als Sprachen kämpfen mußten und warum selbst heute noch manche Menschen auf die Gebärdensprache als "minderwertig" herabblicken.

Ist Gebärdensprache staatlich anerkannt?
In vielen Ländern der Welt sind die jeweils vorhandenen landesspezifischen Gebärdensprachen heute rechtlich anerkannt. In Neuseeland etwa ist die NZSL (New Zealand Sign Language / Neuseeländische Gebärdensprache) sogar offizielle Amtssprache neben Englisch und Maori. In Deutschland erfolgte die Anerkennung der DGS als eigenständige Sprache im Jahr 2002, in der Schweiz ist seit 2005 die Gebärdensprache zumindest im Kanton Zürich gesetzlich verankert. Im Jahr 2005 wurde die Gebärdensprache in Österreich nach langjährigem erbitterten Kampf vom Nationalrat als Minderheitensprache anerkannt und in der österreichischen Verfassung niedergeschrieben. Dieses Ereignis war ein wichtiger Meilenstein für das Selbtwertgefühl und den Alltag gehörloser Personen. Die offene Bekräftigung der Österreichischen Gebärdensprache und somit der Gehörlosenkultur und Gehörlosengemeinschaft bildet die Grundlage für eine Integration gehörloser Menschen in allen Lebensbereichen und gestattet ihnen zumindest theoretisch einen gleichberechtigten Zugang zum öffentlichen Leben.

Einige wichtige Gebärden der Österreichischen Gebärdensprache

Gebärde für "ja" in der Österreichischen Gebärdensprache Gebärde für "nein" in der Österreichischen Gebärdensprache Gebärde für "gut" in der Österreichischen Gebärdensprache
Gebärde "JA" Gebärde "NEIN" Gebärde "GUT"
Gebärde für "hallo" in der Österreichischen Gebärdensprache Gebärde für "essen" in der Österreichischen Gebärdensprache Gebärde für "trinken" in der Österreichischen Gebärdensprache
Gebärde "HALLO" Gebärde "ESSEN" Gebärde "TRINKEN"

Weitere Informationen zur Gebärdensprache

Unser Literatur-Tip zum Thema Gebärdensprache: "Unerhört" - eine Entdeckungsreise durch die Welt der Gehörlosigkeit und Gebärdensprache von Valerie Clarke.

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